Multiple Sklerose
Welche MS-Therapien gibt es?


Wie bereits unter "MS - was ist das überhaupt?" dargestellt, geht man heutzutage davon aus, dass bei der MS  eine überschießende Immunreaktion vorliegt. So gilt die MS als chronisch entzündliche Autoimmunerkrankung, bei der das eigene Immunsystem nicht mehr zwischen "selbst" und "fremd" unterscheiden kann und über autoaggressive weiße Blutkörperchen (v.a. T-Lymphozyten) körpereigene Strukturen (v.a. das Myelin der Nervenzellfortsätze) angreift.

Ähnlich individuell wie der Krankheitsverlauf (MS = Krankheit mit den 1000 Gesichtern) ist auch die Therapie von Patient zu Patient verschieden und muss individuell angepasst werden. Ein und dasselbe Therapeutikum wirkt beim einen und beim anderen jedoch nicht.

Unterscheiden müssen wir folgende Therapien:

  • akute Schubtherapie mit Cortison
  • verlaufsmodifizierende Therapie mit Immunmodulatoren oder Immunsuppressiva
  • Therapie begleitender Symptome


Schubtherapie mit Cortison

Als unspezifisch, aber effektiv entzündungshemmend zeigt sich das Cortison, das die Dauer eines akuten Schubes verkürzt, aber den MS-Verlauf grundsätzlich nicht beeinflusst. Eine Dauertherapie ist somit nicht indiziert.

Bei Einsatz der ultrahochdosierten Kurzzeit-Infusionstherapie mit Cortison sind Nebenwirkungen eher selten und gering, bei langfristigem Cortisoneinsatz hingegen kann es zu Gewichtsveränderungen, Akne, Magenentzündungen, Blutzuckererhöhung, Entkalkung des Knochens und Bluthochdruck kommen. Überdies zeigen einige Menschen Veränderungen in ihrem psychischen Befinden (z.B. gehobene Stimmungslage).

Weitere Informationen zur Schubtherapie finden Sie auf der Webseite der DMSG.


Verlaufsmodifizierende Therapie

Die verlaufsmodifizierende Therapie dient im Gegensatz zur kurzfristigen Schubtherapie der langfristigen Behandlung der MS mit dem Ziel, die Schwere und Häufigkeit von Schüben zu verringern und damit das Ausmaß der fortschreitenden Behinderung günstig zu beeinflussen.

Zur verlaufsmodifizierenden Therapie der MS sind in Deutschland zurzeit
eine ganze Reihe von Wirkstoffen zugelassen. Diese Therapie beruht auf zwei Prinzipien: der Immunmodulation und der Immunsuppression, die in Abhängigkeit vom Schweregrad der Erkrankung eingesetzt werden.

Die Immunmodulation
Mit Hilfe eines Immunmodulators kann die Immunantwort im Körper beeinflusst und quasi umprogrammiert werden. Immunmodulatoren können z.B. Botenstoffe sein, die, therapeutisch eingesetzt, die Verständigung der Immunzellen untereinander beeinflussen. Immunmodulatoren bringen das Gleichgewicht zwischen immunstimulierenden und immundämpfenden Mechanismen wieder ins Lot, haben aber dabei keine Schwächung des Immunsystems zur Folge. Möglicherweise können sie auch helfen, den Wiederaufbau geschädigter Myelinhüllen zu fördern und Narben im Zentralen Nervensystem zu verhindern.

Die Immunsuppression
Die Immunsuppression ist im weiteren Sinn eine milde Form der Chemotherapie. Hier werden Immunzellen vorsichtig in ihrer Funktion unterdrückt, um damit die schädigende Attacke auf das Nervensystem zu verhindern. Immunsuppressiva können unspezifisch sein, d.h. mehr oder weniger alle Zellen des Immunsystems unterdrücken, oder aber spezifisch einzelne Bestandteile des körpereigenen Abwehrsystems hemmen.

Was ist bei der verlaufsmodifizierenden Therapie zu beachten?
Für einige Medikamente (Glatirameracetat und Interferone) hat die Erfahrung in der Behandlung gezeigt, je weiter fortgeschritten die Erkrankung ist, umso schwieriger ist es, den Verlauf der MS zu beeinflussen. Generell wird ein frühzeitiger Therapiebeginn empfohlen.

Kontrolluntersuchungen bei der verlaufsmodifizierenden Therapie
Bei allen Medikamenten der verlaufsmodifizierenden Therapie sind regelmäßige Kontrolluntersuchungen ratsam oder sogar vorgeschrieben. Bitte informieren Sie sich, welche Untersuchungen vor, während und nach der Therapie speziell für Ihr Medikament nötig sind und in welchem zeitlichen Abstand diese gemacht werden. Ihr Arzt kann Ihnen diese Informationen geben, ggfs. fragen Sie bitte ausdrücklich danach. Rund um das Thema erhalten Sie zusätzlich Informationen durch die Patienten-Aufklärungsbögen des Kompetenznetzes Multiple Sklerose und in den Beratungsstellen der DMSG-Landesverbände.

Therapiewechsel/-stopp
Vor dem Wechsel der Medikation klären Sie bitte mit Ihrem Arzt, ob und welche Auswaschphasen/Karenzzeiten vor Therapiebeginn mit dem neuen Medikament eingehalten werden müssen. Bitte achten Sie darauf, dass Sie einem Medikamentenwechsel nicht zustimmen, ohne diese Fragen ausreichend geklärt zu haben.
Jedes Medikament ist bei einem Therapiewechsel einzeln zu betrachten. Auch die Art der Folgetherapie hat einen Einfluss auf die Auswaschphasen/Karenzzeiten.

Weitere Informationen zu verlaufsmodifizierenden Threapie finden Sie auf der Webseite der DMSG.

Langfristig wird die schubförmige MS heute per Stufenplan behandelt. Leitlinien zur Behandlung der MS finden Sie hier auf der Webseite der DMSG.


Therapie begleitender Symptome

Die symptomatischen Therapien setzen am jeweiligen Krankheitszeichen selbst an und versuchen, die unter den gegebenen Umständen bestmögliche Lebensqualität durch Vermeiden von vor allem immobilisationsbedingten Sekundärkomplikationen (z.B. Dekubitus, Thrombose, Aspiration) zu erreichen.  So sind hier die medikamentöse Behandlung der Spastik durch Antispastika (z.B. Baclofen) wie auch die Behandlung von Blasenstörungen (z.B. Medikamente zur Hemmung der Überaktivität der Blase) oder die erhöhte Erschöpfbarkeit (Fatigue) nur Beispiele einer umfassenden Palette medizinischer Behandlungsansätze.
Umfassende Informationen zu einzelnen Symptomen und Behandlungsansätzen finden Sie auf den entsprechenden Seiten der DMSG.

Über die medikamentöse Therapie hinaus spielen Behandlungen wie Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie oder auch Psychotherapie oder Neuropsychologie eine wichtige Rolle bei der Behandlung der MS-bedingten Symptome.

Auch andere alternative Behandlungsformen und Entspannungstherapien können als unterstützend und hilfreich empfunden werden. 

Diese Informationen können das vertrauensvolle Gespräch mit dem Facharzt nicht ersetzen. Gut informierte Patienten können aber über den eigenen Therapieweg besser mitentscheiden.

Letzte Aktualisierung 28.04.2021, Quelle u.a.: Webseite der DMSG